Fibromyalgie Behandlung aus Sicht der Chinesischen Medizin

von Dr. Christian Schmincke


Bezüglich der rheumatologischen Einordnung des Fibromyalgie-Syndroms herrscht in der Literatur ein ziemliches Wirrwarr. Wir wollen hier der Einfachheit halber zwischen Weichteilschmerz mit Müdigkeit und Weichteilschmerz ohne Müdigkeit unterscheiden. Das erste ist für uns das „klassische“ Fibromyalgie-Syndrom, wobei viele unserer Aussagen auch auf andere Formen des Fibromyalgie-Syndroms zutreffen. Überschneidungen bestehen auch zum Müdigkeitssyndrom (CFS).

 

Zu den Symptomen des „klassischen“ Fibromyalgie-Syndroms gehören:

  1. diffuse Schmerzen im Bereich von Muskeln, Sehnen, Weichteilen, grundsätzlich symmetrisch re und li, gelegentlich unter Einschluss der Gelenke, Steifheit und Schwellungsgefühl der Gliedmaßen, allgemeine Schmerzüberempfindlichkeit
  2. Druckschmerzhaftigkeit bestimmter Punkte an Rumpf und Gliedmaßen, an Muskel-Sehnen- Übergängen („Tender-Points“)
  3. dauernde schwere Abgeschlagenheit, schnelle Erschöpfung nach körperlicher Betätigung, immer wieder Müdigkeitsanfälle, was die Alltagsplanung erschwert
  4. ständiges Erkältungs- oder Fiebergefühl
  5. chronische Schleimhaut-Irritationen, unproduktive Infekte, Allergien, Reizdarm, Nahrungsmittelunverträglichkeiten
  6. allgemeine Labilität: Periodenstörungen, Erregungszustände, Schlafstörungen, Depressionen, Wetterfühligkeit
  7. Beschwerde-Verschlimmerung möglich durch Wetter, Regelblutung, seelische und kräftemäßige Überlastung, Nahrungsmittel, Infekte

(Symptom 1. bis 4. definieren die Krankheit, Symptom 5. bis 7. finden sich häufig)

Zur konventionellen Diagnostik des Fibromyalgie-Syndroms

Konventionelle Diagnostik: Die Diagnose ergibt sich aus den geschilderten Symptomen, Labor- und Röntgenuntersuchung sind meist unauffällig, die Tender-Points mögen für manche eine diagnostische Hilfe sein. Ein Akupunkteur, für den das diagnostische Abtasten von Körperregionen zur Standard-Diagnostik gehört, findet bei FMS-Patientinnen zahllose drucksensible Stellen auch außerhalb der „Tender-Points“. Bisweilen ist das gesamte Unterhautgewebe so berührungs- und druckempfindlich, dass eine normale Akupunktur in der Anfangsphase der Fibromyalgie Behandlung schlicht unmöglich ist.

 

Über die Fibromyalgie Behandlung

Die üblichen Rheuma-Mittel helfen kaum, auch Antidepressiva sind eher eine Notlösung („damit überhaupt etwas geschieht“). Interessant sind neuere Untersuchungen, die zeigen, dass regelmäßiges Bewegen trotz Schmerz und gegen den Schmerz dauerhaft helfen kann. In der Klinik am Steigerwald sind seit 1996 über 500 Patienten mit der Diagnose Fibromyalgie stationär und in der Regel auch poststationär ambulant behandelt worden. Es handelte sich vorwiegend um schwere Verlaufsformen dieses Fibromyalgie-Syndroms. Unsere multimodale Fibromyalgie-Behandlung stützt sich auf Methoden der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), vor allem der Chinesischen Arzneitherapie, wenn möglich Akupunktur, Moxibustion, QiGong, westliche und östliche Körpertherapien, vegetarische Ernährung und pflegerische Anwendungen, wie Schröpfen, Auflagen, Blutegel usw.

Unsere grundsätzliche Herangehensweise lässt sich wie folgt skizzieren:

  • Die Chinesische Medizin geht „individualisierend“ vor, d. h. die westliche Diagnose allein reicht als Grundlage der Fibromyalgie Behandlung nicht aus. Es muss vielmehr zusätzlich zur westlichen eine chinesische Diagnose erhoben werden.

  • Diagnosewerkzeuge sind eine außerordentlich detaillierte Krankenbefragung sowie spezielle körperliche Untersuchungen. Dies sind in erster Linie eine eingehende Betrachtung der Zunge und eine Tastung der Pulse über der daumenseitigen Arterie an beiden Handgelenken.

  • Auf diesem Wege soll die Frage beantwortet werden, auf welche Weise das Gesamtsystem Mensch in der Vergangenheit aus der Balance geraten ist und wie der momentane individuelle Reaktionsstatus beschrieben werden kann.

  • Aufgabe der Fibromyalgie Behandlung ist es, Belastungen der Vergangenheit abzuarbeiten und das physiologische Kräftegleichgewicht wiederherzustellen.

 

Die Theorie hinter der Fibromyalgie Behandlung

Unsere erfreulichen therapeutischen Erfolge bei den genannten Diagnosen verdanken wir einem Krankheitsmodell des Fibromyalgie-Syndroms, das die Fibromyalgie als immunologische Störung begreift. Von entscheidender Bedeutung für die Entstehung des FMS sind unterdrückte, nicht wirklich zur Ausheilung kommende Infekte der Atmungs- bisweilen auch der Urogenital-Organe oder des Darmes. Dabei lassen sich als Ursache dieser Immunschwäche immer wieder psychisch bedingte Abgrenzungsstörungen, nicht selten auch Missbrauchserlebnisse in der Kindheit ausmachen.

Eine besondere Rolle spielt in diesem Zusammenhang die EBV-Infektion. Da die meisten Erwachsenen EBV-Antikörper im Blut haben, ist die Aussage „EBV macht Fibromyalgie-Syndrom oder CFS“ nicht besonders zielführend. Wir fragen deshalb, um diesen Zusammenhang zu präzisieren, immer danach, ob der Epstein-Barr-Virus wirklich ein Pfeiffersches Drüsenfieber mit Lymphknotenschwellung, ausgeprägtem Krankheitsgefühl und nachfolgenden Müdigkeitsphasen hervorgebracht hat.

Chinesisch gesehen könnte man das Fibromyalgie-Syndrom als Musterbeispiel für ein steckengebliebenes Infektgeschehen bezeichnen. Das typischerweise immer wieder aufflackernde Erkältungsgefühl verweist deutlicher als bei anderen rheumatischen Erkrankungen auf den Ursprung dieses Krankheitsprozesses. Der Abwehrvorgang „hängt“, der Infekt findet keine adäquate Ausleitung. Es besteht ein Zustand ineffektiver, immunologischer Daueraktivierung. Der Infekt-Wiederholungszwang kostet Kraft und lässt den Prozess in die Tiefe sinken. Da der Entzündungsprozess kein Ventil findet, sammeln sich gewebsgebundene, entzündliche Altlasten an.

Müdigkeit, Schmerzen und die „inneren“ Symptome finden so ihre Erklärung. Phasengerecht an den Verlauf angepasste Arzneipflanzen müssen helfen, die Gewebe und Schleimhäute von Altlasten zu befreien, die Schleimhautorgane zu ernähren und das Entzündungsgeschehen in physiologisch sinnvolle Bahnen zu leiten. Die nachhaltige Besserung von Schmerzen und Müdigkeit stellt sich ein, wenn das Immunsystem wieder Infekte mit produktivem Husten und Schnupfen hervorbringt.

Der psychische Faktor

Aus unserer Sicht muss das Fibromyalgie-Syndrom als primär körperliche Erkrankung ernst genommen werden. Die Tatsache, dass die Diagnose „Fibromyalgie“ sich allein auf Symptomatik und körperliche Untersuchungen stützt, weil technische Befunde (Labor, Röntgen, usw.) nicht zu erheben sind, teilt das FMS mit vielen anderen „körperlichen“ Erkrankungen. Zu nennen wären Migräne, seronegative Polyarthritis, Neuralgien...

Die Neigung mancher Ärzte, die Betroffenen gleich in die psychosomatische oder psychiatrische Ecke abzuschieben, wird häufig von Betroffenen beklagt. Die etwas schlichte Schlussfolgerung: „Röntgen – kein Befund, Labor – kein Befund, dann wird es wohl die Psyche sein“ ist weder logisch noch menschlich vertretbar.

Denn erstens gibt es überhaupt keinen Grund für die Annahme, gestörte körperliche Funktionen müssten immer apparatediagnostisch darstellbar sein; das Gegenteil ist vielfach belegt. Zweitens ist es genauso unsinnig, vorauszusetzen, eine psychisch betonte Störung dürfe sich nicht z. B. in der Veränderung von Laborwerten ausdrücken.

Natürlich sollte bei jeder Krankheit der Faktor Psyche mitbedacht werden:

  1. Eine Schwächung der Abwehrkraft wird begünstigt durch psychische Belastungen und Abgrenzungsprobleme, meist in der Kindheit.
  2. Das Fibromyalgie-Syndrom stellt aufgrund der Vielfalt und Wechselhaftigkeit der Beschwerden hohe Anforderungen an die psychische Verarbeitungsfähigkeit der Betroffenen. Ständige Versagenserfahrung ebenso wie der verzweifelte Kampf um die soziale und medizinische Anerkennung der eigenen evident erlebten Leiden kann depressiv machen.

 

Ausblick

Auch für die Chinesische Medizin sind Fibromyalgie-Patienten eine therapeutische Herausforderung. Ist eine langfristige Fibromyalgie Behandlung mit chinesischen Arzneimitteln, z.T. mit Akupunktur oder verwandten Methoden, Körpertherapie, Qigong und Ernährung möglich, können Besserungen bis hin zur vollständigen Remission der Erkrankung im Einzelfall erreicht werden. Dabei sind meist Zeiträume von mehreren Jahren zu bedenken.


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